Stephen Frey

Geschichte machen



Es beginnt mit einem Traum...
 

Alles beginnt mit einem Traum. Diese Geschichte kann wie ein
Kreis überall und nirgends beginnen, aber für mich - und es ist
schließlich meine Geschichte, nicht die eines anderen, und wird
auch für alle Zeit meine Geschichte bleiben - beginnt sie mit dem
Traum einer Mainacht.
Es war ein wüster Traum. Jane kam darin vor, steif und gestärkt
wie eine Hotelserviette. Er war auch da, obwohl ich ihn natürlich
nicht erkannte. Damals war er mir ja noch praktisch wildfremd,
einfach ein alter Mann, den man auf der Straße grüßte oder dem
man mit einem höflichen Lächeln die Bibliothekstür aufhielt. Der
Traum verjüngte ihn, machte aus dem klapprigen alten Zottelbär
mit Leberflecken den Barkeeper eines Mack-Sennett-Films, dem
man einen herabhängenden, schwarzen Schnauzbart in das bleiche
und hohlwangige Armesündergesicht geheftet hatte.
Ausgerechnet sein Gesicht. Nicht, daß ich es damals erkannt
hatte.
Im Traum standen Jane und er im Labor; Janes Labor natür-
lich - die Prophezeiung des Traums reichte nicht soweit, die Ab-
messungen seines Labors vorherzusagen, die ich erst später ken-
nenlernen sollte - falls der Traum überhaupt prophetisch war, was
keineswegs zwingend notwendig ist. Können Sie mir soweit folgen?
Puh, das wird gar nicht so einfach.
Jedenfalls linste sie in ein Mikroskop, während er sie von hinten
begrabschte und unter ihrem langen weißen Kittel zwischen den
Beinen streichelte. Sie ignorierte ihn, aber ich war empört, einfach
empört, denn als das weiche Kratzen seiner Hände auf dem Nylon
aufhörte, wußte ich, daß seine Finger ganz oben an ihren langen
Beinen angekommen waren, wo die Strümpfe endeten und das wei-
che heiße Fleisch begann - weiches heißes Fleisch, das mir gehörte.
 


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