Es war unvermeidbar: Der Geruch von bitteren Mandeln ließ
ihn stets an das Schicksal verhinderter Liebe denken. Doktor
Juvenal Urbino hatte ihn sofort wahrgenommen, als er in das
noch dämmrige Haus trat, wohin man ihn dringend
gerufen hatte, damit er sich eines Falles annähme, der
für ihn
schon seit vielen Jahren nicht mehr dringlich war. Der
Antillenflüchtling Jeremiah de Saint-Amour, Kriegsinvah-
de, Kinderfotograf und der nachsichtigste seiner Schachgeg-
ner, hatte sich mittels Goldzyaniddämpfen vor den Martern
der Erinnerung in Sicherheit gebracht.
Er fand die Leiche, bedeckt mit einem Tuch, auf dem
Feldbett vor, in dem der Mann immer geschlafen hatte, dicht
daneben ein Schemel und darauf die Schale, in der das Gift
verdampft war. Am Boden hingestreckt und an ein Bein des
Bettes gebunden, lag der Kadaver einer großen Dänischen
Dogge, schwarz mit schneeiger Brust. Daneben lagen die
Krücken. Den unordentlichen, stickigen Raum, der zu-
gleich Schlafzimmer und Labor war, erhellte gerade erst ein
Schimmer des Morgenrots im geöffneten Fenster, das Licht
reichte jedoch aus, um sofort die Autorität des Todes zu
erkennen. Die übrigen Fenster waren, wie jede Ritze im
Zimmer, mit Lappen verhängt oder mit schwarzer Pappe
vernagelt, was den Eindruck beklemmender Enge verstärk-
te. Da war ein langer Tisch, vollgestellt mit Flaschen und
Tuben ohne Etikett und zwei abgestoßene Zinnschalen un-
ter einer gewöhnlichen Glühbirne, die mit rotem
Papier abgeschirmt war. Die dritte Schale, für das
Fixierbad, be- fand sich neben der Leiche.