William Wharton

Die Nacht in den Ardennen



  

»Großer Gott, Mother! Was ist los?«
Er stößt mich heftig gegen meine Zeltplane. Er strampelt, rudert,
rappelt sich auf die Füße, die Stiefel knöcheltief in Morast und
Schneematsch am Grund unserer Erdmulde versinkend. Er ragt
über mir auf und taumelt, rutscht, sagt kein Wort; stiert in den
Himmel.
Dann reißt er sich den Karabiner von der Schulter, packt ihn
mit der Rechten, biegt den hageren Kötper mit geballter Kraft
nach hinten und schleudert die Knarre in einem langen, gewunde
nen Bogen wie einen Wurfspeer mindestens dreißig Meter weit
den Hang hinunter. Er wirft mit solcher Wucht, daß ihm die
Nickelbrille vom Kopf fliegt, an meiner Brust abprallt und langsam
in Morast und Schmelzwasser versinkt. Sie wird mit Sicherheit in
die Brüche gehen.
Er sieht mich nicht an. Ohne Brille wirkt Mothers Gesicht leer;
er könnte mich vermutlich gar nicht erkennen, auch wenn er
herübersähe.
Während der vergangenen zweieinhalb Stunden haben wir mit-
einander in dieser Kuhle auf Posten gehockt, die möglicherweise
ein Einmannschützengraben aus dem Ersten Weltkrieg, vermutlich
aber nur das Erdloch von einem vermoderten, vom Wind entwur-
zeltem Baum ist.
Kaum ein Wort ist zwischen uns gefallen. Wir sind in Vierstun-
denschichten eingeteilt. Manchmal meine ich, Mother flennen zu
hören, aber ich sehe lieber nicht hin; ich bin selber den Tränen so
nah, daß ich nichts aufrühren will. Jetzt kraxelt Mother gewehrlos
auf den Rand unseres Lochs. Er zerrt an seinem Koppelzeug,
versucht den Haken zu öffnen.
 


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